„Stellen wir uns mal vor: Würde unsere Jahresmitteltemperatur um vier Grad sinken, lebten wir in einer anderen Welt. Alle Alpentäler wären zugeschneit – Berlin läge das ganze Jahr über unter dickem Eis.“ Sagt Sven Plöger, der berühmte ARD-Wetterexperte, zur Auftaktveranstaltung des Kommunalen Klimakongresses Baden-Württemberg in Ulm, wo er seit fast 30 Jahren lebt. Dabei ist
„Stellen wir uns mal vor: Würde unsere Jahresmitteltemperatur um vier Grad sinken, lebten wir in einer anderen Welt. Alle Alpentäler wären zugeschneit – Berlin läge das ganze Jahr über unter dickem Eis.“ Sagt Sven Plöger, der berühmte ARD-Wetterexperte, zur Auftaktveranstaltung des Kommunalen Klimakongresses Baden-Württemberg in Ulm, wo er seit fast 30 Jahren lebt.
Dabei ist auch dem humorvollen Wetterpräsentator – dessen Buch „Zieht euch warm an, es wird heiß“ gerade erschienen ist – klar: Wer über den Klimawandel spricht, hat’s schwer. Immer diese düsteren Zukunftsprognosen. Da kommen viele Leute gar nicht mehr ins
Handeln, „wenn doch eh schon alles zu spät ist.“ Andere leugnen den Klimawandel. Oder sind überzeugt, die Menschheit wird schon rechtzeitig irgendwas erfinden, damit so eine Apo-kalypse nicht eintritt. Die gute Nachricht: Es ist noch nicht zu spät, aber fünf vor zwölf.
Um die Brisanz zu verdeutlichen, was im Jahr 2100 sein könnte, wirft Plöger also den Blick zurück. In eine Zeit, in der es „nur“ vier Grad kälter war: die letzte Eiszeit. Wenn man das Phänomen umdrehe, könne man sich ausmalen, welche Folgen lediglich vier Grad wärmer für uns hätten. Das Polareis würde noch mehr schmelzen und Küstenstädte überschwemmen, in der Folge würde das zu anderen Meeres- und Luftströmungen führen, das Wetter stark verändern. Zunehmen würden auch extreme Phänomene wie Stürme, Dürren, Waldbrände, heftige Gewitter über überhitzten Städten. Und dann? Flüchten Menschen.
Allein der vergangene September sei bei uns 1,3 Grad wärmer gewesen. Und auch wenn man sich die globale Erwärmung bei diesem kalten Frühling nicht so richtig vorstellen kann. Im Vergleich zu vor 100 Jahren ist es heute ein Grad wärmer. Deshalb ist das Pariser Klima-abkommen wichtig: Bis 2100 soll der Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zum vorindustriellen Niveau begrenzt werden. Darauf haben sich die 195 Staaten geeinigt. Viele Staaten dürften es
verfehlen, meint Plöger. Deutschland belege aktuell hinsichtlich des CO 2-Ausstoßes den wenig ruhmreichen Platz sechs aller Staaten der Welt. Das Argument „Jetzt sind erstmal die anderen dran“, passe nicht. Wenn er auf das Vor-Corona-Jahr 2019 schaut: „Noch nie wurde so viel geflogen. Noch nie gab es so viele Kreuzfahrten. Noch nie so viel Plastikmüll. Noch nie wurde so viel über Klimawandel diskutiert.“ Wenn alle Menschen so lebten, wie in Deutschland, wären drei Erden nötig.
Politik müsse Geld in die Hand nehmen. Auch die Ideen von Unternehmen sind gefragt. „Mir ist lieber, jemand wird reich, in dem er die Umwelt sauber macht, als indem er sie verschmutzt.“ Und jeder Einzelne müsse sich fragen, welchen Lebensstil er pflegt. Wichtig:
ein Bewusstseinswandel. Es geht nicht immer nur um Verzicht, sondern um bessere Alternativen und die Erkenntnis: „Veränderung und Herausforderungen können Spaß machen!“
Isabella Hafner
Journalistin, Ulm
Sven Plöger ist 1967 am Rhein geboren – in Bonn. Seit den 90er Jahren lebt er in Ulm an der Donau. In Köln studierte Plöger Meteorologie. 1999 moderierte er das erste Mal „Das Wetter im Ersten“ in der ARD. Derzeit moderiert er Radio- und Fernsehwettersendungen, hält Vorträge und ist in der Pilotenausbildung tätig. Plöger ist Autor mehrerer Sachbücher über Wetter und Klima.
ISBN: 978-3-86489-286-8
D 19,95 Euro