Kann man einen „Kurztrip“ an der ganzen Donau entlang planen? Dank der aktuellen Ausstellung in Schallaburg in Niederösterreich ja! Danube Connects hat sich auf die Reise begeben von Punkt Null bis zur Schallaburg und weiter nach Donaueschingen, um den Geheimnissen des zweitlängsten Flusses Europas zu begegnen. „Bis zum Meere 2840 Kilometer“ steht da geschrieben im
Kann man einen „Kurztrip“ an der ganzen Donau entlang planen? Dank der aktuellen Ausstellung in Schallaburg in Niederösterreich ja! Danube Connects hat sich auf die Reise begeben von Punkt Null bis zur Schallaburg und weiter nach Donaueschingen, um den Geheimnissen des zweitlängsten Flusses Europas zu begegnen.
„Bis zum Meere 2840 Kilometer“ steht da geschrieben im kurfürstlichen Schlosspark. Wir sind im Schwarzwälder Donaueschingen an der offiziellen Quelle der Wasserader, die wie kein anderer Fluss unsere europäische Geschichte formte und beeinflusste. Viele Mythen und Geheimnisse ranken sich um die Donau,die ins Schwarze Meer mündet. Natürlich könnte man eine Reise from Black to Black tätigen.
Diese würde allerding mindestens zwei Wochen dauern. Vom Westen aus schlängelt sich der Fluss, mal ruhig, mal tosend, in Richtung Osten und durchquert wie kein anderes fließendes Gewässer dieser Welt so viele unterschiedliche Länder, Kulturen und Traditionen. Ihre Geschichte ist turbulent, geheimnisvoll und mythisch, war sie Wasserstraße, natürliche Grenze und Wirtschaftsraum zugleich. Menschen, Schätze & Kulturen. Die Ausstellung „Donau – Menschen, Schätze & Kulturen“ geht diesen Geheimnissen, aber auch geschichtlichen Hintergründen nach. Hier begibt man sich auf eine etwa 2000 Kilometer lange Reise flussaufwärts von Punkt Null am Leuchtturm von Sulina am Schwarzen Meer, bis hin zum Ausstellungsort Schallaburg, dem schönsten Renaissanceschloss nördlich der Alpen.
Das Schloss liegt nicht an der Donau. Die europäische Lebensader ist etwa fünf Kilometer Luftlinie entfernt. Dennoch, das Prestigeobjekt, das sich im Besitz des Bundeslands Niederösterreich befindet, ist der Standort für internationale Ausstellungen und die Zusammenarbeit erfolgt mit den größten Museen Europas. Wie auch im Falle der Donau. Der Besucher „reist“ in zehn Etappen durch ihre Geschichte, Kultur, Mythen, einen emotionalen road trip by walk durch wundervolle Landschaften und Städte inbegriffen. Von allen Donauländern ist was dabei. Es gibt viel zu entdecken und zu erfahren. Ist die Donau eine Grenze oder Brücke? Wie trug sie zur mitteleuropäischen Kultur bei? Wir erfahren über das Schicksal des osmanischen Ortes Ada, den es heute nicht mehr gibt, genauso wie den acht Meter langen Hausen aus der Familie der Störe. In der Ausstellung kann man ein drei Meter langes Exemplar begutachten, das um 1910 gefangen wurde. Heute gibt es noch einige kleine im Delta. In unseren Breitengraden fielen sie der Überfischung und Wasserkraftwerken zum Opfer. Und dann ist da noch die jungsteinzeitliche Vincakultur aus Serbien, die sich vor etwa 7000 Jahren entwickelte. Einzigartige Exponate aus dem serbischen Nationalmuseum sind zu sehen wie der Babylöffel aus Knochen, auf dem sich Abdrücke von Kinderzähnen und Milchspuren befinden. Etwa zwei Stunden dauert der 2000 km lange Kurztrip.
Wir machen eine Pause im Restaurant, das sich im eindrucksvollen Arkadenhof befindet, dessen Dekoration aus gebrannter Terrakotta besteht. Erschaffen wurde das Meister- werk im 16. Jahrhundert auf Geheiß der Familie von Losenstein. Sie zählte zu den einflussreichsten Protestanten von 1560 bis 1600. Christoph von Losenstein schickte seinen Sohn Wilhelm um 1560 nach Italien. Dieser kam mit kreativen Eindrücken zurück. Und so entstand die Idee zum einzigartigen Innenhof der Burg. Etwa 1600 Einzelteile wurden verbaut! Eine ganze Menge, wenn man den Aufwand bedenkt. Um ein vollkommenes Kunstwerk zu erhalten, mussten im Durchschnitt drei Brennversuche pro Exemplar getätigt werden. Man geht davon aus, dass 7000 bis 8000 Exemplare gebrannt wurden. Der Betrachter kann Darstellungen griechischer Mythologie, römischer Kaiser, aber auch septem artes liberales bewundern. Gerade die letzteren, die „sieben freien Künste“ sind von großer Bedeutung, da Martin Luther sein ganzes Bildungssystem darauf aufbaute. Die Bauzeit betrug etwa zehn Jahre. Nun hatte der Burgherr einen fantastischen Innenhof, doch der war sein finanzieller Ruin. Im 17. Jahrhundert sind wieder die Katholiken mit der Gegenreformation der Habsburger im Spiel. Österreich ist nach der Reformation im 16. Jahrhundert zu 80 Prozent protestantisch. Adelige springen auf Luthers Thesen an, um sich aus den Fängen der Kirche zu befreien. Außer den Habsburgern, die ihre Macht in Klöstern haben, denn Niederösterreich war seit etwa 800 n. Chr. in bayerischer Hand, kamen die ersten Siedler von dort eingewandert.
Wir besuchen den ältesten Teil der Burg, der etwa 1000 n. Chr. errichtet wurde. Eine Ruine ohne Dach und doch scheint es ein Kraftort zu sein. Es wachsen Pflanzen aus dem Gemäuer. Mauerbienen bewohnen die hohlen Stellen dahinter. Außer dem Summen und dem Vogelgezwitscher hört man nichts. Doch weshalb fehlt das Dach? Verantwortlich ist die sog. Dachsteuer, die der römisch-deutsche Kaiser Josef II. eingeführt hat. Um unnütze Steuern zu sparen, hat man hier auf das Dach verzichtet, da dieser Teil der Burg nicht mehr genutzt wurde. Was allerdings wieder genutzt wird, ist der in den siebziger Jahren restaurierte prunkvolle Renaissance-Garten. Er wurde nach alten Aufzeichnungen errichtet und ist einer der wenig erhaltenen aus dieser Zeit. Wir sitzen im Schatten der Apfelbäume – drei Europäerinnen aus Wien, Ulm und Sarajevo. Was ist sie nun, die Donau? Grenze oder Brücke? Uns hat die Donau zusammengeführt auf wundersamen Wegen. Und das wird sie weiterhin tun – allen Grenzen zum Trotz!
Mirella Sidro,
Journalistin, Augsburg