Welche Geschichten sind bei euch gut gelaufen? Welche Innovationen, die gut fürs Klima sind, habt ihr euch ausgedacht? Austausch zu allerlei Klimaschutzprojekten in Kommunen – das sollte der kommunale Klimakongress ermöglichen, den im Mai das baden-württembergische Umweltministerium, die Stadt Ulm und das Donaubüro Ulm/Neu-Ulm ausgerichtet haben. Unterstützt wurde der Kongress von der Baden-Württemberg Stiftung. Mit
Welche Geschichten sind bei euch gut gelaufen? Welche Innovationen, die gut fürs Klima sind, habt ihr euch ausgedacht? Austausch zu allerlei Klimaschutzprojekten in Kommunen – das sollte der kommunale Klimakongress ermöglichen, den im Mai das baden-württembergische Umweltministerium, die Stadt Ulm und das Donaubüro Ulm/Neu-Ulm ausgerichtet haben. Unterstützt wurde der Kongress von der Baden-Württemberg Stiftung. Mit 660 Anmeldungen waren viele Städte, Gemeinden, Landkreise und Institutionen virtuell zugeschaltet. Auch der neugewählte Oberbürgermeister von Temeswar in Rumänien, Dominic Samuel Fritz, und die stellvertretende Oberbürgermeisterin Kata Tütto” aus Ungarns Hauptstadt Budapest betonten, wie wichtig Klimaschutz sei.
„Klimaschutz kann Spaß machen.“ Diese Botschaft schickte der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch voraus – und hob die „Fridays for Future“-Bewegung hervor. Die habe eine Stimmung erzeugt, die viele mitgerissen habe. Eine „Spannung“ spürten nun die Kommunen. Auch weil die vergangenen eineinhalb Jahre Corona einige langjährige Überzeugungen auf den Kopf gestellt haben. Czisch: „Jetzt haben wir gerade eine fundamentale Krise. Menschen spüren, es geht ums Fundament: Wie leben wir zusammen? Was ist für unsere Zukunft und für die unserer Kinder wichtig? Immer höher, schneller, weiter… Das geht nicht mehr.“
Ulm nennt sich nicht nur Wissenschaftsstadt, sondern auch Zukunftsstadt. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sollen hier den Menschen eine lebenswerte und enkeltaugliche Zukunft bereiten. Wenn der Wetterexperte Sven Plöger allerdings am Vorabend zu mehr „Blau“ und „Grün“ in Städten aufgerufen hat, um sie fit für den Klimawandel zu machen – also mehr Wasserflächen und Grünflächen für den Abkühlungseffekt – dann ist in Ulm noch Luft nach oben. Vor einem Jahr ist ein neuer zentraler Platz am Bahnhof fertig gestellt worden, der eine Stein- und Betonwüste ist. Einige Bürger kritisieren die fehlenden Pflanzen. Aber auch, dass jüngst der Gemeinderat mehrheitlich für den Ausbau der Adenauerbrücke an der stark befahrenen B10 gestimmt hat, die durch die Stadt führt. Aus sechs Spuren sollen acht werden, ein Teil des Grüngürtels kommt weg. Die Stadt wird wieder autofreundlicher.
Bei dem Klimakongress dagegen wurde deutlich, dass viele Kommunen versuchen, Innenstädte autofrei zu bekommen, weil sie erkannt haben, dass Menschen nicht nur zu Geschäften und in Restaurants gelangen wollen, sondern auch Aufenthaltsqualität von einer Stadt erwarten. Die Stadt Konstanz hat bei dem Kongress ein „Mobilitätskonzept für die autofreie Innenstadt“ vorgestellt. Hechingen bekam den European Energy Award in Gold verliehen für seine Anstrengungen, was Öffentlichen Nahverkehr und Radfahren angeht.
Wenn der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch von Nachhaltigkeit spricht, denkt er in Ulm vor allem an technische Möglichkeiten. An das Fernwärmenetz, das immer mehr Haushalte versorgt. Oder daran, dass neuerdings eine Solaranlage installieren muss, wer sein Haus auf ein städtischen Grundstück baut. Czisch denkt auch daran, dass in seiner Stadt fleißig zu Brennstoffzelle, Wasserstoff und Solarenergie geforscht wird. Außerdem will Ulm bis 2023 eine klimaneutrale Verwaltung hinbekommen. Viele Kommunen in Baden-Württemberg setzen aktuell vor allem auf besseres Energiemanagement – versuchen also, Energie einzusparen und Potenziale zu erkennen, wie sie Energie gewinnen können.
Das kann schon über kleine Schritte funktionieren, wie den Austausch der Beleuchtung durch LED. Oder kommunale Gebäude energieeffizienter zu machen. Andere Kommunen wiederum tauschen den städtischen Fuhrpark durch E-Autos aus.
Vor allem Vorarlberg in Österreich ist immer wieder Vorreiter in Sachen Klimaschutz. Gregor Sellner vom dortigen Energie-Institut stellte nicht nur Beispiele zum nachhaltigen Bauen vor. Auch, wie Kommunen einen lebendigen und autofreien Ortskern (wieder)erschaffen können. Trotz des steigenden, motorisierten Individualverkehrs. Blumenegg in Vorarlberg hat sich das Projekt „I koof im Dorf“ – „Ich kaufe im Dorf“ – ausgedacht: Wer nach Blumenegg kommt, um regional einzukaufen, erhält im jeweiligen Laden einen Stempel. Wenn er mit dem Bus, dem Rad oder zu Fuß gekommen ist. Nach zehn Stempeln ist der Stempelpass voll und der Kunde kann einen regionalen Einkaufsgutschein bekommen. Die Wertschöpfung bleibt also wiederum in der Region.
Als eines der Megathemen des Kongresses stellte sich die Mobilität heraus. Wie in einer digitalen Umfrage, bei der die Teilnehmer mitmachen konnten, deutlich wurde. Für viele ein Herzensanliegen. Sebastian Rihm vom Donaubüro Ulm/Neu-Ulm stellte vor, wie das Netzwerk „Danube Pearls“ danach strebt, dass sich Touristen der Donauländer problemlos ohne Auto von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit bewegen können: per Rad, Bus, Zug, Kanu, Carsharing oder Mitfahrgelegenheit. „Wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Gegend bereist statt mit dem Auto, kommt man mehr mit Land und Leuten in Kontakt.“ Was entgeht einem nur alles mit 120 Kilometer pro Stunde auf der Autobahn.
Darüber hinaus hat das Donaubüro Ulm/Neu-Ulm mit der IHK Ulm bereits am Vortag des Kongresses ein virtuelles Side-Event organisiert. Schwerpunkt: „Klimaschutz und Green Economy in der Donau-Save-Region“. Die knapp 70 Teilnehmer konnten neue Kontakte knüpfen und Kooperationen anstoßen. Neben Menschen aus der Donau-Save-Region richtete sich die Veranstaltung vor allem an Unternehmen, die bereits in Südosteuropa aktiv sind oder Interesse an Partnern, Lieferanten oder eben Kooperationen in der Donau-Save-Region mit dem Schwerpunkt Klimaschutz/Nachhaltigkeit und Green Economy haben. Denn warum in die Ferne schweifen – nach China, Indien, in die USA? Wenn doch das Gute so nah liegt? Lieferketten können wieder verkürzt und Produkte damit umweltfreundlicher werden, wenn verstärkt das Potenzial von Firmen aus der Donauregion erkannt wird.
Isabella Hafner, Ulm