„Der Garten der Demokratie muss stetig gepflegt werden“

„Der Garten der Demokratie muss stetig gepflegt werden“

Budapests Stadtverwaltung organisierte gemeinsam mit Partnern im September erstmals das internationale „Budapest Forum“. Im Fokus standen die Rolle von Städten und lokalen Initiativen beim Aufbau nachhaltiger Demokratien mit Lebensqualität. Neben einem Treffen des Netzwerks „Pact of Free Cities“ – dessen Deklaration neben den initiierenden (Ober-)Bürgermeistern von Prag, Bratislava, Warschau und Budapest auch jene von Ulm,

Budapests Stadtverwaltung organisierte gemeinsam mit Partnern im September erstmals das internationale „Budapest Forum“. Im Fokus standen die Rolle von Städten und lokalen Initiativen beim Aufbau nachhaltiger Demokratien mit Lebensqualität.

Neben einem Treffen des Netzwerks „Pact of Free Cities“ – dessen Deklaration neben den initiierenden (Ober-)Bürgermeistern von Prag, Bratislava, Warschau und Budapest auch jene von Ulm, Neu-Ulm, Berlin, Stuttgart, Frankfurt, Mannheim sowie weiteren europäischen Städten unterzeichnet haben – kamen Politiker, Journalisten, Aktivisten und Forscher aus aller Welt zusammen, um über Demokratie zu diskutieren.

Die internationalen Teilnehmer werteten die Veranstaltung besonders auf: So wirkten etwa Věra Jourová (Vizepräsidentin EU-Kommission), Jean Asselborn (Außenminister Luxemburg) sowie die renommierten Historiker Anne Applebaum, Timothy Snyder und Timothy Garton Ash mit.

In seiner Eröffnungsrede sagte Budapests Oberbürgermeister Gergely Karácsony, dass Gemeinschaften nur dann funktionieren können, wenn man für alle geltende Regeln verabschiede sowie Möglichkeiten zur Teilnahme und somit Chancengleichheit schaffe. „Demokratie darf sich nicht in den Händen weniger konzentrieren. Institutionen müssen modernisiert werden, um den Zugang der Bürger zu dieser zu erleichtern“, so der Politiker. Ein Beispiel hierfür sei der Pakt der Freien Städte.

EU muss Städte stärker fördern

Bei der Paneldiskussion „Towards Polycentric Governance“ erklärte Budapests Vize-Bürgermeister Gábor Kerpel-Fronius, dass Ungarns Regierung für eine Distanzierung der Menschen von der Demokratie sorge und man dazu positive Gegenbeispiele zeigen müsse. Man experimentiere daher mit Mitteln, die man aus anderen Städten kenne, zum Beispiel der Beteiligung der Bürger bei Teilen des städtischen Budgets. So bringe man die Bürger auch in einer stark gespaltenen Gesellschaft zur Zusammenarbeit auf lokaler Ebene. Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz – der für sein netzwerkbildendes Engagement erst drei Tage vor dem Forum den „World Mayor International Award“ erhalten hatte – fügte hinzu, dass auch der Pakt der Freien Städte als Reaktion darauf gegründet worden sei, dass die Macht bei Regierungen konzentriert und den Kommu-nen weggenommen werden solle. „Und das, obwohl auch in der EU Städte und Kommunen eine wichtige Rolle spielen. Da die Union von ihnen abhängt, muss sie diese stärken“, betonte er. Der Politikwissenschaftler Larry Diamond resümierte, dass Demokratie nicht automatisch überlebe, immer wieder müssten Menschen inkludiert werden: „Der Garten der Demokratie muss stetig gepflegt und erneuert werden“.

Im Panel „A new vision for Europe: where should the EU be heading?”sagte der Politikwissenschaftler Ivan Vejvoda vom Wiener Institut für die Wissenschaft vom Menschen: „Mit dem Aufstieg des Populismus geht die Entzauberung der Menschen einher, sie müssen das Gefühl von Sicherheit haben, sonst wenden sie sich Illusionen und Illusionisten zu.“ Soziale Gleichheit sei fundamental für das europäische Projekt, auch, um sich gegen rechte Populisten stellen zu können. Die Europaabgeordnete Clau-dia Gamon von der österreichischen Partei NEOS gab zu, dass EU-Politik oft weit weg vom europäischen Bürger sei. Während der Pandemie habe sich aber gezeigt, dass Dinge besser funktionierten, wenn sie auf europäischer Ebene entschieden würden. Ihre Kollegin Katalin Cseh von der ungarischen Partei Momentum betonte, dass sich die Perspektive ändern müsse, wie Europa auf seine Städte schaut. Brüssel sollte diese direkt fördern, und die Städtediplomatie sollte aufgewertet werden, da Städte alleine schon wegen der Einwohnerzahl eine große Rolle spielen.

Daniel Hirsch,
Journalist, Budapest

Verleihung des György Konrád-Preises

Im Rahmen des ersten Budapest Forums wurde auch erstmals der György Konrád-Preis verliehen. Mit der von der Europäischen Donau-Akademie (EDA) in Ulm ins Leben gerufenen Auszeichnung werden Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Zivilgesellschaft geehrt, die sich für die Demokratie, Zivilgesellschaft bzw. Gleichberechtigung im Donauraum einsetzen. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde an die Redaktion des unabhängigen ungarischen Nachrichtenportals Telex.hu verliehen. Das Portal wurde erst vor einem Jahr nach der Umgestaltung des heute regierungsnahen Portals Index.hu durch Orbán-Vertraute von den dort kündigenden Mitarbeitern gegründet, gehört heute aber schon zu den meistbesuchten Webseiten des Landes.

Mit dem György Konrád-Preis, der nach dem ungarisch-jüdischen Freund der Stadt Ulm, deren früheren Oberbürgermeister Ivo Gönner und EDA-Direktor Peter Langer sowie dem Wegbegleiter der Ulmer Donau-Aktivitäten benannt ist, setzt Ulm sein Engagement für die Donauregion im Rahmen der Europäischen Donauraumstrategie fort. Das wohl prominentestes Beispiel für dieses ist das alle zwei Jahre auf beiden Seiten der Donau stattfindende Internationale Donaufest. Damit aber nicht genug: da Ulm mit dem „Schwörmontag“ über eine noch ältere Tradition mit Demokratiebezug verfügt – seit dem 14. Jahrhundert sichert der „Schwörbrief“ den Bürgern mehr Mitspracherecht zu, legen die Ulmer Stadtoberhäupter jährlich im Juli Rechenschaft über ihr Wirken ab sowie schwören sich Bürgerschaft und Stadtrat gegenseitige Treue – war es selbstverständlich, dass auch Ulm und Neu-Ulm dem eingangs erwähnten „Pakt der Freien Städte“ beitreten. Bei einem Pressegespräch im Donaubüro wurde verlautbart, dass der Pakt die Förderung der Demokratie, der freiheitlichen Rechte und Grundwerte im Fokus habe. Weltweit stünden diese Werte unter Druck und müssten immer wieder erneuert und neu erstritten werden; Ulm wolle mit seiner Beteiligung beim Pakt eine Botschaft senden, hieß es.

Daniel Hirsch
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