PERSPEKTIVE DONAU – Engagement für den Donauraum

PERSPEKTIVE DONAU  – Engagement für den Donauraum

Baden-Württemberg pflegte schon immer vielfältige Beziehungen in den Donauraum. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Baden-Württemberg Stiftung. Mit ihrem Programm Perspektive Donau unterstützt sie vor allem die Stärkung der Zivilgesellschaft, fördert unter anderem in Bildungs-, Kultur- und Jugendprojekten. Dr. Andreas Weber, seit 2012 verantwortlich für die Perspektive Donau, zieht im Gespräch mit danube connects-Herausgeberin Sabine

Baden-Württemberg pflegte schon immer vielfältige Beziehungen in den Donauraum. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Baden-Württemberg Stiftung. Mit ihrem Programm Perspektive Donau unterstützt sie vor allem die Stärkung der Zivilgesellschaft, fördert unter anderem in Bildungs-, Kultur- und Jugendprojekten. Dr. Andreas Weber, seit 2012 verantwortlich für die Perspektive Donau, zieht im Gespräch mit danube connects-Herausgeberin Sabine Geller Bilanz.

Wie entstand das Programm Perspektive Donau und auf welche Ziele ist es ausgerichtet?
Die Perspektive Donau geht auf eine Tradition der Baden-Württemberg Stiftung zurück, die von Beginn an Projekte im Donauraum umgesetzt hat. In den ersten Jahren waren es im wesentlichen Hilfstransporte. Im Jahr 2012 habe ich das Programm übernommen, es wurde in die Abteilung Bildung eingegliedert und es wurden wie bei allen anderen Programmen Ausschreibungen gemacht. Der Schwerpunkt der Perspektive Donau liegt auf Kultur und Zivilgesellschaft sowie Bildung.

Hat die EU-Donauraumstrategie Sie darin bestärkt, dieses Programm fortzuführen?
Die Donauraumstrategie kam 2011 parallel dazu und es hieß immer, dass eine makroregionale Strategie entsteht, aber ohne zusätzliches Geld. Die Projekte, die wir davor unterstützt hatten, bildeten eine gute Grundlage, um dieses Programm weiter zu entwickeln. Es wurde bewusst der Begriff „Perspektive“eingeführt, um den Blick auch weit in die Zukunft zu richten.
Mit einem Kreis von Gutachter:innen konnte auch wettbewerblicher entschieden werden, welche Projekte dazu passen.
Wenn man sich das heute nach über zehn Jahren anschaut, können wir mit Fug und Recht sagen: „Ja, das ist uns gelungen ein starkes und tragfähiges Netzwerk aufzubauen.“

Welche Netzwerke sind aus ihren Programmen entstanden?
Das Netzwerk besteht aus vielen kleinen Netzwerken, zum Beispiel das Danube Youth Network mit Stefan Barth (Agapedia). Andere sind im Jugendkunstbereich aktiv oder auch intergenerationell wie das Netzwerk, das Carmen Stadelhofer (ILEU) vorangebracht hat.
Unser Bestreben war auch die Organisation von Veranstaltungen wie beim Donaufest Ulm/Neu-Ulm, um die Akteure im Netzwerk zu verbinden. Dies ist uns deshalb sehr gut gelungen, weil wir in einer guten Partnerschaft mit dem Staatsministerium Baden-Württemberg gearbeitet haben.
Diese Netzwerke haben uns sehr geholfen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Gut funktionierende Strukturen und Kontakte konnten vom Land Baden-Württemberg und von Staatssekretär Florian Hassler als Vertreter des Landes bei der EU genutzt werden bei den Überlegungen, wo und wie wir in der Ukraine unterstützen können.

Wo liegen die Schwerpunkte für die Zukunft oder was wünschen sie sich noch?
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass sich die Netzwerke weiterentwickeln, und dass sich der positive Impuls, der beim zivilgesellschafltichen Treffen im Staatsministerium im Januar 2024 spürbar war, durchsetzt gegen den etwas bedrückenden Zeitgeist.
Die Baden-Württemberg Stiftung wird weiter mithelfen mit regionalen Schwerpunkten, auch in den Ländern, die noch nicht EU-Mitglieder sind, aber der Donauraumstrategie angehören. Dort etwas zu bewegen, das fände ich gut.
Während der Pandemie hat sich die Perspektive Donau bewährt, weil wir dank guter, auch technischer Strukturen und dem gemeinsamen Willen sehr viele Programme und Projekte während des Lockdowns online weitergeführt haben.
Beispielhaft ist das Netzwerk von Carmen Stadelhofer, die mit Beginn des Lockdowns die Initiative (DANECT) begonnen hat, die heute noch Generationen aus den Donauanrainerstaaten regelmäßig zusammenbringt, was vorbildlich ist.
Wir haben viele Jugend- oder Naturschutzprojekte aber auch Projekte bei den Mütterzentren. Diese Spannbreite macht aus meiner Sicht auch unsere Stärke aus.

Die Lage der Zivilgesellschaft ist in manchen Ländern sehr schwierig geworden, gerade wenn man sich Serbien und Ungarn anschaut. Auch die Meinungsfreiheit gerät unter Druck. Wie kann man die Zivilgesellschaft dort stärken?
Wir müssen an der Stärkung der Zivilgesellschaft auf jeden Fall dranbleiben, weil es ein langer Weg ist, eine Zivilgesellschaft aufzubauen und traditionell das Gefälle zwischen West und Ost immer noch vorhanden ist. Je weiter im Westen in Europa, desto stärker ist die Zivilgesellschaft organisiert. Und je weiter man nach Osten geht, umso schwächer ist sie ausgeprägt.
Deshalb sind die Jugendprojekte natürlich sehr wichtig oder auch die Studienmöglichkeiten an der Andrássy Universität, die junge Menschen prägt.
Sind Jugendarbeit, Klimawandel und Umwelt wichtige Themen für Sie im Programm Perspektive Donau? Gab es dazu herausragende Projekte? Es bietet sich an, die Donau als Thema aufzugreifen, als verbindende Lebensader, die für viele emotional wichtig ist. Wasser ist ein wichtiges Element, das letztlich die Menschen im Donauraum ernährt und früher als Transportweg wichtig war.
Die Aktion von Prof. Andreas Fath, der die Donau durchschwommen hat, ist natürlich ein Highlight. Wir hatten auch die Danube Nature Guides und verschiedene andere Projekte, die die Umwelt entlang der Donau im Blick haben, Jugendbegegnungen mit konkreten inhaltlichen Projekten zur Natur. Diese Projekte tragen dazu bei, dass junge Menschen nicht abwandern und sich stattdessen um ihren eigenen Lebensraum kümmern.
Das Thema Umweltschutz bildet tatsächlich einen Schwerpunkt. Wir haben viele Kultur- und Kunstprojekte oder z.B. Roma-Projekte und das schon über zehn Jahre lang.
Diese Zahl der Naturschutzprojekte ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, das ist nur positiv zu bewerten.

Wie wichtig ist der BW-Stiftung die Verbesserung der Lebensumstände von Minderheiten wie z.B. den Sinti und Roma?
Das ist ein Thema für Europa insgesamt und wir erleben da relativ schnell dann auch wieder das Anwachsen von ja letztlich rassistischen Reflexen.
Das Bildungsniveau ist einfach sehr niedrig und es ist für mich nicht eine Frage der Integration einer Bevölkerungsgruppe, sondern von sozialer Ungleichheit, die schon bei der Ernährung beginnt. Da ist das Engagement von Herrn Zell mit dem BuKi-Haus beispielhaft zu nennen. Trotz zahlreicher Frustrationen setzt er sich weiterhin dafür ein, dass Kinder zunächst einmal etwas zu essen bekommen, um überhaupt lernen und lesen zu können.
Mit solchen Projekten können wir an verschiedenen Stellen Akzente setzen und damit auch Veränderungen bewirken – sei es auf kleinerer oder manchmal auch auf größerer Ebene.

Sie haben im September 2023 die große Medaille der Andrássy Universität in Budapest erhalten. Dazu herzlichen Glückwunsch. Weshalb ist diese Zusammenarbeit mit der Andrássy-Universität wichtig für Baden- Württemberg?
Die Baden-Württemberg Stiftung hat schon im Jahr 2002 zur Gründung der Universität beigetragen. Baden- Württemberg, Bayern, Österreich und Ungarn vereinbarten, die traditionelle Verbindung im Donauraum als Südschiene in Deutschland zu stärken, wissenschaftlich zu begleiten und die Tradition einer deutschsprachigen Universität in Budapest aufzunehmen.
Das haben wir lange Jahre finanziell begleitet, Austausch von Studierenden unterstützt und Stipendien finanziert.
Wir haben Konferenzen veranstaltet und den Austausch am Leben gehalten, sodass eine lebendige Beziehung entstanden ist. Europäische Themen, Forschung über den Donauraum und die Rolle der Zivilgesellschaft stehen dort im Zentrum der Ausbildung.

„Ohne das Programm Perspektive
Donau wäre die Entwicklung des
Danube Youth Network
nicht möglich gewesen.“
Stefan Barth, Agapedia

 

„Hilfe zur Selbsthilfe,
das konnten wir in kleinen Vereinen
für Roma-Frauen bewirken.“
Monika Heitmann,
Stiftung Liebenau

Die Ukrainehilfe wurde seit Beginn des Angriffskriegs ebenfalls in Ihr Programm aufgenommen. Gibt es genügend Anträge in diesem Bereich oder könnte man das Land mit sinnvollen Projekten langfristig noch besser unterstützen?
Also wir haben aktuell über 20 Projekte und es kommen laufend weitere dazu. Die Ukraine war ja mit vier Regionen schon immer in der Donauraumstrategie vertreten. Wir haben jetzt bei der Ukraine-Nothilfe beschlossen, dass es egal ist, wo wir unterstützen – ob in der Ukraine oder auch hier vor Ort. Wenn es darum geht, die Kriegsfolgen zumindest für Kinder und Frauen zu mildern, dann wollen wir das tun.
Weil wir vor Ort durch unsere Netzwerke bereits vertreten waren, konnten wir zum Beispiel Amica in Mariopol unterstützen. Diese Organisation hilft von Gewalt betroffenen und traumatisierten Frauen. Mit dem, was wir machen können bin ich sehr zufrieden, und ich hoffe, dass wir mit Unterstützung vom Aufsichtsrat weiter an diesen wichtigen Projekten dranbleiben können.

Welche Bilanz ziehen Sie aus der jahrelangen Arbeit und wie wichtig ist es das Programm fortzuführen?
Das muss fortgesetzt werden und ist wichtig. Wir können auf zehn Jahre erfolgreiche Arbeit zurückblicken und mit der Struktur, die wir aufgebaut haben, zufrieden sein.
Sie sorgen ja mit Ihrem Magazin kommunikativ dafür, dass diese Gedanken weitergetragen werden. Sie haben daher auch eine wichtige Funktion, nämlich dass die Beteiligten sich bewusst sind, dass sie hier gemeinsam etwas bewegen, auch wenn die Themen unterschiedlich sind. Die Verbundenheit der Donauländer ist wichtig.

Sie werden in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Verraten Sie uns noch etwas Persönliches oder Ihre Zukunftspläne? Haben Sie auch weiterhin z.B. Reisen in die Donauregion geplant?
Ich bin ja ein Kind des Rhein-Neckar- Raums. Wie die Donau für andere eine emotionale Bindung ist, so ist das für mich der Rhein. Flüsse sind Bezugspunkte, ein Ort der immer da war und zu dem man hingegangen ist. Das erste was ich im März machen werde ist zum Skifahren ins Engadin gehen. Dort entspringt mit dem Inn ein wichtiger Fluss, der die Donau mit Wasser versorgt. Ich war recht häufig in Budapest, und 2019 in Bosien-Herzegowina. Dort konnte ich Vieles, was ich nur theoretisch kannte, tatsächlich erleben. Einerseits die gesellschaftliche Zerrissenheit erfahren, andererseits aber auch die sehr starke historische Kultur kennenlernen. Die spürt man in Sarajevo. Dort erfährt man aus Erzählungen, dass die Leute eigentlich mit verschiedenen Religionen immer gut zusammengelebt haben. Heutzutage ist es traurig, dass die Schüler:innen nach ethnischen Gruppen getrennt werden, was dort relativ strikt gepflegt wird. Ich hoffe, dass dies irgendwann überwunden sein wird. Es gilt doch: Wir sind alle Menschen und als solche sollten wir uns begegnen.

Interview
Sabine Geller, Ulm

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