„Richtig verpackt kann man die Jugend für fast alles interessieren“

„Richtig verpackt kann man die Jugend für fast alles interessieren“

Am 18. Februar kamen Vertreter von neun Zivilorganisationen aus den vier Makro-Regionen der EU in Budapest zusammen, um im Rahmen ihres Shadow Reports – eine Reflektion auf den dritten Bericht zur Durchführung makroregionaler Strategien der EU – über die Relevanz und Notwendigkeit der Beteiligung der Jugend zu debattieren. Dies hat besondere Aktualität, da 2022 von

Am 18. Februar kamen Vertreter von neun Zivilorganisationen aus den vier Makro-Regionen der EU in Budapest zusammen, um im Rahmen ihres Shadow Reports – eine Reflektion auf den dritten Bericht zur Durchführung makroregionaler Strategien der EU – über die Relevanz und Notwendigkeit der Beteiligung der Jugend zu debattieren. Dies hat besondere Aktualität, da 2022 von der EU zum „Europäischen Jahr der Jugend“ erklärt wurde.

In der Begrüßung entwarf zunächst Dr. Ádám Nagy, Professor an der Kodolányi János Fachhochschule Budapest, ein düsteres Bild über die Beschäftigung mit der Jugend in Ungarn. Seit 1990 werde dies vernachlässigt, selbst frühere Institutionen auf dem Gebiet, wie etwa die Ausbildung zum Jugendarbeiter, wurden zuletzt abgebaut. EU-finanzierte Studien zum Thema würden erst zwei Jahre später veröffentlicht, wenn die darin enthaltenen Daten bereits veraltet sind. Ferner gebe es keinen organisatorischen Dialog mit der Jugend, so dass etwa deren pandemiebedingte Abgeschiedenheit während des Online-Unterrichts nicht thematisiert werden kann. „Die letzte Nationale Jugendstrategie Ungarns stamm aus dem Jahre 2009 und läuft in zwei Jahren aus – daraus wurde quasi nichts verwirklicht, obwohl man damit entscheidend die Zukunft beeinflussen könnte“, so Nagy. Die Orbán-Regierung freue sich öffentlich darüber, dass laut Studien die Anzahl der bei jungen Paaren geplanten Kinder nicht sank, währenddessen stieg aber die Anzahl derer, die keine Kinder planen und alleine leben. Ein Einwand aus dem Publikum war, dass Ungarn sehr wohl einen Jugendbeauftragten habe – doch die Referentin fügte auch sogleich selbst hinzu, dass diese sich ebenso wie die Regierung nur mit einigen wenigen Auserwählten beschäftige, so dass nur regierungsnahe NGOs gefördert werden.

Ingrid Grün, Vertreterin Niederösterreichs in der Versammlung der Regionen Europas (VRE), stellte kurz die Tätigkeit der Organisation vor, in der ihr zufolge skandinavische und osteuropäische Länder besonders stark vertreten sind. Im Rahmen des von der VRE geschaffenen Regionalen Jugendnetzwerks können interessierte Jugendliche Politiker treffen und mit diesen auf Augenhöhe ihre Themen diskutieren. Zudem gibt es auch einen Preis für die jugendfreundlichste Politik, informierte Grün. Das Ziel der VRE und des Jugendnetzwerks sei es insgesamt, Jugendinitiativen aus den einzelnen Regionen auf die gesamteuropäische Ebene zu bringen, fasste sie zusammen.

Erasmo Mancini von der Jugendsektion der Europäischen Bewegung Italien referierte, dass die Jugend mit den anderen Generationen zusammenarbeiten müsse, denn sie manage zurzeit selbst nichts. Innerhalb Italiens gebe es zwar große regionale Unterschiede, doch „Unsicherheit“ sei bei allen Jugendlichen das treffendste Wort, um ihre Situation zu beschreiben. Gründe für die Ungleichheit seien die regionalen finanziellen Unterschiede, aber auch der Bildungsgrad, so dass es große Differenzen im Wissen und der Auffassung bezüglich Staatsbürgerlichkeit gebe, formulierte er. Vom Bildungsministerium ist eigentlich pro Woche eine Schulstunde „Zivilunterricht“ vorgesehen, doch finde diese nicht statt, da es im Lehrplan angeblich keine Zeit hierfür gebe. „Dennoch ist dank der NGOs das Wissen über die EU weiter verbreitet als über den italienischen Staat, es herrscht mehr Vertrauen in die EU als in Italien, denn diese ist unsere Zukunft“, sagte Mancini. Wobei auch das staatsbürgerliche Wissen sehr wichtig sei, denn nur anhand dessen könnte man z.B. verstehen, wie Mussolinis Faschismus Bürgerrechte verletzte.

EU muss mehr für die Jugend tun und es anders tun

Nach den Vorträgen teilten sich die Anwesenden in drei Gruppen auf, um getrennt an den Themen „Vorschläge für das Europäische Jahr der Jugend“, „Wie kann man Jugendaktivismus vorantreiben?“ und „Auf dem Weg in eine Post-COVID-Situation: wird das Leben das alte sein?“ zu arbeiten sowie im Anschluss die Ergebnisse zu präsentieren. Die erste Gruppe forderte, keine „Mode“ aus der Beschäftigung mit der Jugend zu machen, sondern die europäische Politik auf diese auszurichten. EU-Publikationen sollten verständlich gestaltet werden, denn die kommenden Europawahlen in 2024 seien nah. Die zweite Gruppe erklärte, dass junge Influencer nötig seien, denn man wolle als Jugendlicher eine zu sich selbst ähnliche Person sehen. Wichtig seien auch Präsenzveranstaltungen sowie Partys bzw. Festival, damit die Jugend zusammenkommt und Bünde schließt. Politische Kampagnen sollten auch in Social Media stattfinden, wobei komplexe Themen auf einfach herunter gebrochen werden sollten; denn mit der richtigen „Verpackung“ könne man die Jugend für fast alles interessieren, hieß es. Die dritte Gruppe war sich einig, dass die Post-COVID-Zeit anders sein wird, u.a. da sich die während der Pandemie erprobten Lösungen aus der IT halten werden, da diese halfen, die persönliche Distanz zu überbrücken. Zoom-Meetings wird es demnach weiterhin geben, aber viele Studenten können kaum das Ende des Online-Unterrichts erwarten, hielt man fest.

Daniel Hirsch, Budapest

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