I feel Slovenia!

I feel Slovenia!

Zusammen mit meiner Kollegin Sabine Geller fahre ich nach Slowenien, eines der „grünsten Länder Europas“, um es zu erkunden. Nachhaltiger Tourismus wird großgeschrieben in dem mit ca. 20.000 km2 und etwa zwei Millionen Einwohnern verhältnismäßig kleinen EU-Land. Nachhaltig soll unser road trip von Ulm aus sein. Wir starten unsere Reise mit dem Laden eines Tesla

Zusammen mit meiner Kollegin Sabine Geller fahre ich nach Slowenien, eines der „grünsten Länder Europas“, um es zu erkunden. Nachhaltiger Tourismus wird großgeschrieben in dem mit ca. 20.000 km2 und etwa zwei Millionen Einwohnern verhältnismäßig kleinen EU-Land.

Nachhaltig soll unser road trip von Ulm aus sein. Wir starten unsere Reise mit dem Laden eines Tesla Models 3 Performance in Jettingen-Scheppach. Sparsam ist das Elektro-Auto: Bis zu 530 Ki- lometer Reichweite sind drin. Ich erblicke den Triglav. Sogar nach so vielen Jahren bin ich beeindruckt von seinem Anblick. Nostalgie übermannt mich, als ich die drei mächtigen Spitzen vor mir sehe. Meine Eltern stammen aus Jugoslawien und jedes Jahr fuhren wir in den Ferien zu unserer Familie. Triglav, der mit 2864 Meter höchste Gipfel Sloweniens und der Julischen Alpen, war unser Zeichen, dass wir bald „daheim“ sind. Slowenien ist zwar klein, aber bietet eine ganze Menge an Erholung. Meer, Berge, Flachland – für jeden Charakter ist etwas geboten. Auch Kulinarik und Kultur kommen nicht zu kurz.

Unser erstes Ziel: das Küstenstädchen Piran in Istrien. Der Ort mit seinem Leuchtturm gilt als eines der schönsten Touristenziele Europas. Der Name geht auf das griechische Wort pyros zurück, das Feuer bedeutet. Der Legende nach wurde in der Antike an der Stelle, an der heute der Leuchtturm steht, ein Feuer als Wegweiser für die Seefahrer entzündet. Auch die Altstadt entzückt mit ihren venezianischen Bauten. Italienische Namen weisen auf die Nähe Italiens hin. Der Hauptplatz Piazza Tartini ist dem bekannten Komponisten Giuseppe Tartini (1692 – 1770) gewidmet, der hier geboren wurde. Sein Vater war Direktor der Salzmühlen in Piran.

Reich durch weißes Gold

Salz – das ist das weiße Gold, mit dem Piran reich wurde. Bis heute wird das Salz per Handarbeit in Secovlje am Fuße des Piran geschöpft. „Salz von Europa, Salz der Mutter Erde. Es ist unsere Geschichte des Mittelalters. Man kann die Salinenrechte nicht kaufen, nur pachten. Meine Familiengeschichte ist auch damit verbunden. Es war der Grund für den Wohlstand von Piran“, erklärt uns Martina Gamboz, Projektleiterin von Piran 2025. „Es gab weitere Salinen in Triest und Koper, doch diese wurden abgebaut. Das Salz von Piran ist extrem weiß aufgrund seiner Rein- heit im Vergleich zu anderen Salzen. Die Mikroorganismen machen es so wertvoll und extrem gesund.“ Wir besuchen die Salinen von Secovlje. Es regnet und es ist verhältnismäßig kühl. Vor uns erstreckt sich ein weites Feld, eingeteilt in Rechtecke. Seit dem 14. Jahrhundert wird hier Meeressalz geschöpft auf eine besondere Art. Die sog. Petola, eine künstlich gezüchtete Bodenschicht, bestehend aus Bakterien, Gips, Karbonatmaterialien und Lehm, sorgt für die Reinheit des Salzes. Sie verhindert, dass das Salz sich mit dem unter ihr liegenden Meeresschlamm vermischt. Der biologische Filter reichert das Salz auch mit seinen Mineralstoff en an, was es so wertvoll macht. Noch bis heute wird das Salz nach alter Tradition in harter Handarbeit hergestellt.

Weltweit begehrtes Olivenöl

Der slowenische Teil Istriens bietet auch weitere kulinarische Highlights an. Und das schon seit der Antike. Vor allem das grüne flüssige Gold der Halbinsel ist bis heute weltweit begehrt. Was es von den anderen Olivenölen unterscheidet? Es ist im Geschmack intensiver und herber und würziger. „Dieser Geschmack weist auf hohe Werte von Bio- und Polyphenole hin, wertvolle Antioxydanten“, wie uns Nina detailliert erklärt bei der Verköstigung. Wir sind bei Familie Froggatt auf ihrer ökologischen Farm in den Hügeln von Portoroz. Nina, die den Hof nun mit ihrem britischen Mann führt, kommt uns freudestrahlend entgegen. Für nur 25 € kann man sich hier durch Olivenölprodukte und Wein durchprobieren. Der Tisch im Verkaufsraum ist wundervoll gedeckt –Feigen, Tomaten, Mozzrella, eingelegte Oliven. Wir ergattern noch die letzten Flaschen des Olivenöls mit Zitronengeschmack und die letzten beiden Gläser mit eingelegten Oliven in Salzwasser. Von der Farm gibt es einen wunderbaren Blick auf die Salinen. Und es riecht so intensiv nach Kräutern! Egal, wo man hinblickt, Kräuterbüsche wie Rosmarin, Thymian, Wildkräuter wachsen aus der fruchtbaren Erde und prägen die mediterrane Landschaft im nördlichsten Teil Südeuropas. Es ist Zeit, um sich zu verabschieden. Wir fahren weiter nach Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens. Die Infrastruktur ist hervorragend im Land. Leise rauscht es über die Straße dem dramatischen Sonnenuntergang entgegen. Die Farben am Himmel gehen von hellblau zum kräftigen orangerot über. Es ist Nacht, als wir im B&B Stadthotel ankommen. Eine Tesla Ladestation wartet schon auf mich. Die Zimmer im grünen urbanen Hotel im Zentrum der Stadt sind gemütlich eingerichtet mit natürlichen Rohstoffen. Auf dem Tisch steht ein Glas mit slowenischen Waldhonig als Geschenk. Er ist von den hauseigenen Bienen, die auf dem Dach des Hot els wohnen. Die Stadtbienen fühlen sich wohl, da man sich rührend um sie kümmert. Es ist auch der höchste Punkt einer Bienenfarm in Slowenien. Waldhonig? Wie kann das sein? Wir sind ja mitten im Stadtkern! Das ist das wunderbare an Slowenien und auch Ljubljana.

Im Bio-Hotel Trnulja am südlichen Ljubljaner Stadtrand ist es wie in einer anderen Welt und einer anderen Zeit. Das Gebiet liegt direkt im Laibacher Moor inmitten purer Natur. Das alte Holzhaus ist geschichtsträchtig, das spürt man bei der Ankunft. Wir schließen die Tür vom Haus auf. Das erste, was mir auffällt, versetzt mich in absolute Begeisterung! An der Wand hängt eine Replika des Kolo Wheel 5200, dem ältesten Rad der Menschheitsgeschichte mit Achse! Der überraschende Sensationsfund ereignete sich unerwartet 2002, als Archäologen eine Holzprobe in einem Entwässerungs- graben des etwa 5200 Jahre alten Pfahlbaus Stare Gmanje im Laibacher Moor bei Vrhnika, etwa 20 km von Ljubljana entfernt, entnahmen. Auch der Anhänger meines Zimmerschlüssels ist ein Kolowheel!

5200 Jahre Geschichte

Ursa und Micha, Eheleute und Besitzer des Hotels, lächeln, als sie meine unendliche Begeisterung nicht stoppen können. Micha überlegt und tätigt einen Anruf. „Ich habe gerade mit dem Bekannten telefoniert, der das Rad damals auf seinem Feld gefunden hat. Wenn Du magst, fahren wir dahin.“ Ich bin aufgeregt wie ein kleines Kind! Nun darf ich mir die Stelle ansehen, wo eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheit gefunden wurde! Die Fahrt dorthin ist schon ein Erlebnis. Wir passieren alte Dörfer und die Natur ist sehr ursprünglich. Wir halten am Ufer der Ljubljanica mit ihrem mal blauen oder trüben Gewässer, das gemächlich an uns vorbeifließt. Es ist so ruhig. Was da wohl noch alles darunter liegt von den Pfahlbauten, die bis in die Jungsteinzeit datiert werden? Micha zuckt mit den Achseln: „Sicherlich noch ganz viel!“ Wir fahren vor bis zum Feld, dem Ort des Sensationsfundes. Keine Menschenseele ist da. Die Sonne scheint auf die über dem Feld verteilten Strohballen. Nur das Muhen der Kühe auf der gegenüberliegenden Weide ist zu vernehmen. Micha öffnet ein Foto auf seinem Handy. „Schau, hier wurde es gefunden.“ Er vergleicht die aktuelle Natur mit dem des Fotos und navigiert mich zur Stelle. „Ein bisschen rechts und einige Schritte zurück. Ja, genau … Und noch etwas in Richtung Graben … Ja! Das müsste es laut der Lage der Bäume im Hintergrund sein!“ Er gesellt sich mir begeistert an: „An solche Arbeitstage könnte ich mich gewöhnen!“ Bedächtig stehen wir nebeneinander und starren ehrfurchtsvoll auf den Boden. 5200 Jahre Entwicklungsgeschichte an einem Ort – das macht mich demütig! Wir fahren besonnen zurück zum Hotel, das eine wunderbare Geschichte hat. Ursa, eigentlich Volkswirtin, die in Wien studiert hatte und somit perfekt deutsch spricht, und ihr Mann Micha, eigentlich aus der IT-Branche, haben dieses alte komplett mit Schlehdorn umrankte Haus für sich als Privatunterkunft entdeckt. „Es sah aus wie Dornröschen im Tiefschlaf!“ Sie renovierten es nach dem Vorbild des ältesten Hauses in der Siedlung mit natürlichen Materialien wie Holz, Lehm-Verputz und Hanf-Isolation. Und machten daraus einen Bio-Bauernhof. Die Apartments sind groß und absolut gemütlich. Das Frühstück ist eine Wucht! Alles bio, regional und saisonal. „Wir betreiben Tauschhandel mit unseren Bauern in der Nachbarschaft. Genauso wie zu Zeiten der Pfahlbauten Bevölkerung“, erklärt uns Ursa. Wir lieben die Ziegensalami, den warmen Zwiebelkuchen mit Currysauce, die selbst gemachten Brotaufstriche, das Hanfmüsli aus dem eigenen Anbau.

Hanf – das spielt eine ganz große Rolle in der Familie. Sie waren die ersten, die Hanf anbauen durften. Heute machen sie daraus wert- volles und gesundes kaltgepresstes Öl und Müsli. Auch Kochkurse rund um Hanf werden angeboten. Und der Gast schläft auf Hanf-Matratzen. Weiterhin bauen sie verschiedene Getreidesorten an und sie haben Mandelbäume. Heute zählt es zu den fünf besten Bi- ohotels des Landes. „Unser Anspruch ist es, das Beste zu sein!“ Das nehmen wir Ursa sofort ab. Am Abend wird das spätsommerliche Dinner serviert. Dazu spielen drei attraktive Musiker traditionelle Klänge. Es ist Zeit, Abschied zu nehmen von Slowenien. Am nächsten Morgen verlassen wir mit einem weinenden Auge das Hotel. Ursa drückt uns jeweils eine Papiertüte in die Hand. Darin sind Leckereien von ihrem Hof. Und dann haben sie noch eine Überraschung für mich. Ein Schlüsselanhänger in Form des Kolo Wheel! Der Abschied fällt uns schwer – vom Hof als auch von den lieben Besitzern, bei denen wir uns wie daheim fühlten.

Alpin Museum in Mojstrana

Für uns geht es zurück nach Deutschland. Ich sehe wieder den Triglav vor mir. Das waren immer die traurigen Momente in meiner Kindheit. Von dieser Seite sehen sie genauso schön aus, doch sie waren eine Ankündigung, dass ich Jugoslawien für die nächste Zeit wieder Ade sagen muss. Vorher werden wir noch einen Zwischenstopp im Slowenischen Alpin Museum machen in der Ortschaft Mojstrana an der slowenisch-österreichischen Grenze. Das Bergsteigermuseum stellt das slowenische Erbe des Bergsteigens und verschiedene Themen über Naturschutz der slowenischen Berge vor. Und auch der erste Rettungshubschrauber Jugoslawiens hängt von der Decke. Absolutes Highlight: mit der 3D Brille in die Höhen um die Berge des Triglav schweben oder in die unendlichen Tiefen in eine der etlichen Höhlen Sloweniens reisen. „Und wenn Ihr schon hier seid, dann dürft Ihr natürlich einen kurzen Abstecher zum Triglav nicht verpassen!“ Sasa, Mitarbeiterin des Museums, führt uns zu einer Plattform, vor der aus der Triglav ganz nah in seiner vollen Schönheit gefühlt werden kann. Als wir den letzten Baum passieren, verläuft neben uns ein ausgetrocknetes Flussbett umrandet von den imposanten steilen Felswänden des Triglav. So nah war ich an ihnen noch nie. Sie strahlen Kraft aus. Von hier bis zur Spitze braucht es etwa sechs Stunden Wanderzeit. Die haben wir dieses Mal nicht. Ich weiß, ich werde wiederkommen „I feel Slovenia“ – einen passenderen Slogan hätte sich das grüne Land in der EU gar nicht aussuchen können.

Mirella Sidro,
Journalistin, Augsburg

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