Das Böse Erwachen – Spielen für den Frieden

Das Böse Erwachen – Spielen für den Frieden

CREATIVE EUROPE MEDIA PROJEKT Imposant steht die Festung mit dem schön klingenden Namen Werk Gschwent (von den Italienern „Forte Belvedere“ genannt) in der Natur. Sie wirkt furchterregend. Dieses beklemmende Gefühl wird noch intensiver, wenn man durch die Gänge schreitet. Belvedere ist eine von sieben Festungen, die von Österreich-Ungarn zwischen den Jahren von 1909 bis 1912

CREATIVE EUROPE MEDIA PROJEKT

Imposant steht die Festung mit dem schön klingenden Namen Werk Gschwent (von den Italienern „Forte Belvedere“ genannt) in der Natur. Sie wirkt furchterregend. Dieses beklemmende Gefühl wird noch intensiver, wenn man durch die Gänge schreitet. Belvedere ist eine von sieben Festungen, die von Österreich-Ungarn zwischen den Jahren von 1909 bis 1912 wie eine Kette in die Naturlandschaft von Lavarone im südlichen Trentino erbaut wurden. Sie dienten als Verteidigungslinie gegen das italienische Königreich.  Schon damals war wohl bekannt, dass es zu einem Krieg kommen würde – dem ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918, der etwa 17 Millionen Opfer einforderte.

Heute ist die Festung ein Museum. Schnell wird dem Besucher bei einem Rundgang klar, was es bedeutete, Kriegssoldat zu sein. Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden erzählen über den tristen Alltag der Soldaten. Und dann sind da noch diese Geräusche – Bomben, die von der Gegenseite abgefeuert werden. Die Räume waren sporadisch eingerichtet und Fenster hermetisch verriegelt, die Winter bitterkalt. Es war sehr laut hier während der Bombardierung und die solide gebauten Mauern vibrierten durch die Angriffe. Man saß hier als Soldat in Dunkelheit fest. Es fühlte sich wie in einer Mausefalle an. Bis zu einem Jahr hielten die Soldaten ihren Dienst hier. Und was für ein “Glück”: keine zehn Soldaten haben hier ihr Leben durch Angriffe verloren. Doch die Dunkelheit, verstörenden Geräusche und Vibrationen förderten Suizidfälle.

Der Besucher gelangt in einen Raum, in dem ein Monitor zum Spielen einlädt. Spielen in einem Kriegsmuseum? „THE RUDE AWAKENING ist ein innovatives Projekt, um die junge Generation wieder ins Museum zu locken. Wir wollten dies auf eine interaktive
Weise tun. Unser Ziel war es, sie mit der Geschichte zu konfrontieren”, erklärt Renzo Carbonera, Art Direktor des Projektes, das von MEDIA Programm der EU, einem Sub-Programm von Creative Europe co-finanziert wird.

Eine clevere Idee, die er zusammen mit neun europäischen Partnern umsetzen konnte. Es wurde der Geist entfacht, die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten zu fördern, um zu verhindern, dass sich der Wahnsinn des Krieges wiederholt.
Umgesetzt wurde das Game vom römischen Unternehmen Centounopercento 101% studios, das auf Videospiele und virtuelle Realität spezialisiert ist. „Videospiele machen weltweit den größten Teil der Unterhaltungsindustrie aus“, erklärt Daniele Azara, Creative Director von 101% studios. „Wir nutzen diese Gelegenheit, um auf diesem Wege den Jugendlichen ernste Themen näher zu bringen.”

THE RUDE AWAKENING ist eine multimediale Reise auf den Spuren des Alltags von Soldaten an der Front von 1914 bis 1919. Im Museum dauert ein Spieldurchgang etwa 15 Minuten. Privat sogar vier bis fünf Stunden, um alle vier Episoden zu meistern. SpielerInnen werden konfrontiert mit klaustrophobischen Zuständen in den Festungen über das zerstörte Alltagsleben in den Kleinstädten in Frontnähe bis hin zum Zusammenbruch der Krankenhäuser durch die Spanische Grippe-Pandemie nach Ende des Krieges.

Seit August 2021 kann das Spiel nun in drei Museen und historischen Zentren gespielt werden, die das Thema bewaffneter Konflikte aufgreifen: Forte Belvedere in Italien, Gornjesavski Muzej in Slowenien und das Mazedonische Zentrum für Fotografie in der Republik Nordmazedonien. Weitere vier Vereinigungen und NGO’s, die sich mit den
Themen Erinnerung und Friedenserziehung durch kulturelle Fördermaßnahmen befassen sind auch mit von der Partie: ALDA (Frankreich), Memoire pour la vie (Frankreich), The World of NGOs (Österreich) und das Magazin danube connects (Deutschland). Und natürlich die Gemeinde Lavarone, welche die historischen Stätten, darunter Belvedere/Gschwent, beherbergt.

Heute ist es friedlich um die Festung herum. Die Natur mit ihren romantischen Landschaften wurde schon von Sigmund Freud und Kaiser Franz Josef für Spaziergänge genutzt. Es ist Frieden, und so soll es auch bleiben. Belvedere oder Schöne Aussicht – endlich macht der Name der Festung einen Sinn.

Mirella Sidro,
Journalistin,
Sarajevo

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